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NOTWEHR - kompakt / Wie darf ich mich verteidigen?

  • 6. Jan. 2016
  • 4 Min. Lesezeit

NOTWEHR - kompakt

Wie darf ich mich im Notfall verteidigen?

Gewalt, sexuelle Übergriffe und Angst vor gefährlichen Situationen werden aktuell in den Medien stark thematisiert. Hier haben wir für Sie die wichtigsten Fakten zum Thema Notwehr und Verteidigung zusammengefasst! Zusammengestellt sind hier sowohl die rechtliche Grundlage als auch einige Verhaltenshinweise. Wir übernehmen keine Haftung oder Verantwortung auf Richtigkeit der Angaben!

1. RECHTSSITUATION - §32 StGB

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass JEDER zufällig, unvorhergesehen und unüberschaubar einer Situation ausgeliefert wird, in der er sich verteidigen muss. Diese Verteidigungshandlung bezeichnet man als NOTWEHR(-Handlung).

In Deutschland ist das Thema Notwehr gesetzlich geregelt. Das heißt, dass eindeutig festgehalten ist, wie sich im Falle einer Verteidigung verhalten werden darf.

Hier zunächst der Paragraph, in dem der wichtigste Grundsatz geregelt ist:

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§ 32

Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

(Weiter auch §33 & §34)

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Zusammengefasst bedeutet dies, dass, wer aus NOTWEHR handelt, nicht gegen das Gesetz verstößt. Sie dürfen Sich in einer Notsituation verteidigen!

Einfach ausgedrückt: Eine Notwehrhandlung wird also dann ausgeübt, wenn Sie angegriffen werden und sich dann verteidigen. Greifen Sie zu erst an oder provozieren Sie absichtlich und mit dem Ziel eines Angriffs, gilt keine Notwehr.

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Um dies näher zu erläutern, hier eine Definition der wesentlichen Worte im §32:

Angriff: Als Angriff gilt jede drohende Verletzung der eigenen (rechtlich geschützten) Güter oder Interessen durch eine menschliche Handlung.

Gegenwärtig: Ein Angriff darf nur dann mittels Notwehr verteidigt werden, wenn er noch NICHT vollständig abgeschlossen oder fehlgeschlagen ist. Ebenso muss eine Dauergefahr ausgeschlossen werden. Heißt also, dass die Gefahr des Angriffs unmittelbar bevorstehen muss, gerade stattfindet oder noch andauert.

Rechtswidrig: Die Notwehr gilt nur dann, wenn Sie als angegriffene Person den Angriff nicht zu dulden brauchen, also der Angriff objektiv im Widerspruch zur Rechtsordnung steht (Keine Notwehr gegen Notwehr)

2. WIE DARF ICH MICH VERTEIDIGEN?

Die Art der Verteidigung kann in einer Notwehrsituation unterschiedlich ausfallen.

Die Verteidigung bzw. die Notwehrhandlung muss immer auf das MILDESTE Mittel reduziert werden. Dennoch darf das Mittel angewendet werden, welches den Angriff mit Sicherheit beendet.

Heißt: Klaut der Angreifer lediglich eine Tafel Schokolade aus ihrer Hand, dürfen Sie unter keinen Umständen stark verletzende oder gar tödliche Verteidigungstechniken einsetzen. Bedroht der Angreifer Sie jedoch so stark, dass Sie fürchten tödlich verletzt zu werden, so dürfen Sie jedes Mittel (!) einsetzen, um sich zu schützen.

Wichtig: Ihre Verteidigung muss sich im Falle einer Notwehr immer gegen den Angreifer (bzw. dessen Rechtsgüter) selber richten!

Orientieren Sie sich an dieser Reihenfolge:

  1. IMMER: Vermeiden Sie Gefahrensituationen soweit möglich; Provozieren Sie nicht!

  2. Weichen Sie im Falle einer bevorstehenden, absehbaren Gefahrensituation aus, im Besten Fall durch Weglaufen und auch das Einbeziehen anderer Leute.

  3. Versuchen Sie sich zunächst defensiv zu verteidigen (z.B. durch Hilferufe)

  4. Ist die Gefahr für Sie so groß und direkt, dürfen Sie alle Mittel einsetzen (zunächst das mildeste Mittel, unter bestmöglicher Schonung des Angreifers)

„Eine Studie der Polizei Hannover zum Gegenwehrverhalten bei Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen zeigt, dass bereits bei leichter konsequenter Gegenwehr der Frauen 68,4 % der Täter die Tat abgebrochen haben. Bei massiver Gegenwehr konnten sogar 84,3 % der Frauen den Täter zur Aufgabe bewegen.“ (1)

Die Verwendung von (Schuss-) Waffen ist jedoch mit besonderer Vorsicht geboten. Sollten Sie als letzte Möglichkeit sehen, einen gezielten tödlichen Schuss zu setzen, MUSS vorher ein Warnschuss abgegeben werden. Der tödliche Schuss darf nur dann eingesetzt werden, wenn ein weniger gefährlicher Einsatz nicht mehr ausreicht (z.B. Schuss in die Beine).

3. TRAINING UND VERHALTEN

Eine komplett realistische Selbstverteidigung kann NICHT vorher geübt werden, da Sie, sofern Sie einer Notsituation ausgeliefert sind, diese nicht zu 100% vorhersehen können. Dennoch gibt es die Möglichkeit, das Verteidigungsverhalten und auch das Selbstbewusstsein durch Kurse zu schulen. Grundsätzlich gilt: Einen ersten Überblick können Ihnen bereits Crash-Kurse geben. Langjähriges Training in Kampfsportvereinen, die Selbstverteidigungstraining anbieten, verstärkt dieses Training zudem erheblich und schult ihr Auge für solche Situationen weiter.

Grundsätzlich jedoch einige allgemeine Verhaltensweisen in einer Not(wehr)situation:

Entziehen Sie sich, wenn möglich, der Gefahrensituation frühzeitig. Vermeiden Sie solche Situationen.

Im Falle einer nicht mehr aufzuhaltenden Gefahren- und Notsituation:

  • Bleiben Sie, sofern möglich, ruhig

  • Halten Sie Blickkontakt zum Angreifer

  • Seien Sie konsequent! (Wenn Sie sich wehren, dann solange, bis die Gefahr für Sie vorbei ist)

  • Irritieren Sie den Angreifer an empfindlichen Stellen: Schlagen Sie wiederholt und gezielt in das Gesicht (um die Sicht einzuschränken, die Augen zum Tränen zu bringen oder stärkere Schäden hervorzurufen), Treten Sie in den Genitalbereich (Kurze, starke Schmerzen treten auf) - nutzen Sie die Zeit der Irritation, um die Gefahr zu beenden!

  • Verwenden Sie ggf. umliegende Gegenstände, wie Stöcke, Flaschen, etc.

  • Zusätzlich können Ihnen Abwehrwaffen helfen. Informieren Sie sich dazu vorher jedoch genau! Nur wenige Waffen dürfen in Deutschland ohne Genehmigung geführt werden.

  • Als Beispiel: Tierabwehrspray darf gegen Menschen eingesetzt werden. (§ 1 Abs. 2 a WaffG, § 2 Abs. 3 WaffG, § 3 Abs. 2 WaffG, etc.)

  • Warum kein Pfefferspray? - Pfefferspray unterliegt in Deutschland dem Waffengesetz. Tierabwehrspray hingegen nicht (Sie gelten nicht als Reizstoffsprühgeräte) - WICHTIG: Das Tierabwehrspray muss vom Hersteller als solches gekennzeichnet sein! Es darf von jedermann gekauft, besitzt und verwendet werden.

Quellen und Literaturverweise:

(1) https://www.polizei.bayern.de/content/4/9/2/0/9/selbstbehauptung.pdf

Weitere:

http://dejure.org/gesetze/StGB/32.html

http://dejure.org/gesetze/StGB/33.html

http://heinrich.rewi.hu-berlin.de/doc/strat2011/14-rechtswidrigkeit-notwehr.pdf

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/ZIV008/wagner/Wagner_Strafrecht_Sommer_2011/UEbersicht_Notwehr.pdf

http://www.ruhr-uni-bochum.de/strafr/downloads/StrAT%202012/AT-Rechtswidrigkeit-Notwehr.pdf


 
 
 

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